Massnahmen zur Eindämmung des Steuerbetruges
Einen wesentlichen Beitrag zur Gegenfinanzierung der Steuerreform 2015/2016 stellen die vorgesehenen Maßnahmen gegen Steuerbetrug dar.
Registrierkassen
Zur Bekämpfung von Umsatzverkürzungen soll eine generelle Einzelaufzeichnungs- und Einzelerfassungspflicht von Barumsätzen mittels Registrierkassen eingeführt werden. Betriebe mit einem Jahresumsatz ab 15.000 € pro Jahr sowie Barumsätzen von mehr als 7.500 € müssen die Einzelaufzeichnung der Barumsätze (zB Barzahlung, aber auch Zahlung mit Bankomat, Kreditkarte sowie anderer vergleichbarer Zahlungsformen) verpflichtend mittels elektronischer Registrierkassen vornehmen. Die Ausnahme auf Basis der „Kalte-Hände-Regelung“ (zB Maronibrater, Schneebar, Eisverkäufer) bleibt erhalten, gilt aber nur mehr bis zu einem Jahresumsatz von maximal 30.000 €. Mobile Gruppen, die nicht unter die „Kalte-Hände-Regelung“ (zB Masseure, Friseure, Schneider, Tierärzte) fallen, können ihre mobilen Umsätze händisch aufzeichnen und im Nachhinein in der Registrierkasse am Betriebsort erfassen. Entbehrliche Hilfsbetriebe von gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Vereinen (zB für kleine Vereinsfeste) sollen weiterhin mit Kassensturz aufzeichnen können. Für Warenausgabe- und Dienstleitungsautomaten sind ebenfalls Erleichterungen vorgesehen.
Für die vielfach erforderliche Anschaffung einer Registrierkasse bzw eines elektronischen Kassensystems sollen die betroffenen Unternehmer jedoch steuerlich unterstützt werden: Anschaffungskosten von bis zu 2.000 € sollen sofort abgesetzt werden können (vorzeitige Abschreibung); zudem soll eine (steuerfreie) Prämie von 200 € pro Kassensystem, maximal aber 30 € pro Erfassungseinheit, die Kostenbelastung aus der Anschaffung mildern.
Belegerteilungspflicht
Bei Vorliegen einer Einzelaufzeichnungspflicht wird zudem eine generelle Belegerteilungsverpflichtung geschaffen. Danach sind dem Kunden Belege mit bestimmten Mindestinhalten verpflichtend auszufolgen. Dies erleichtert die Überprüfbarkeit der einzelnen Geschäftsvorfälle erheblich und reduziert zudem das Risiko von Manipulationen der Aufzeichnungen.
Kontenregister
Bislang wurde das Bankgeheimnis nur dann durchbrochen, wenn ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden ist (zur Kontenöffnung war eine gerichtliche Bewilligung gem § 116 StPO erforderlich).
Mit der Einrichtung eines zentral verwalteten Kontenregisters sollen Staatsanwaltschaften, Strafgerichte, Finanzstrafbehörden, das Bundesfinanzgericht und die Abgabenbehörden des Bundes einen Überblick erhalten, über welche Bankkonten/Depots eine Person verfügt bzw welche Personen Zugriff auf ein bestimmtes Konto/Depot haben. Die Einrichtung dieses zentralen Kontenregisters erfolgt durch das BMF. Österreichische Kreditinstitute sollen sodann automatisiert Kontoinhaber, vertretungsbefugte Personen, Treugeber, den wirtschaftlichen Eigentümer, die Stammzahl gem E-GovG; ansonsten Name, Adresse etc, sowie Konto- bzw Depotnummer, Informationen über Eröffnung und Schließung an die Behörde melden. Die Übermittlung dieser Daten soll beginnend mit dem Stichtag 1.3.2015 sowohl für bestehende als auch neu eröffnete Konten/Depots ab dem Jahr 2016 erfolgen.
Die Regelung unterscheidet zwischen sogenannten äußeren und inneren Kontodaten. Zur den äußeren Daten zählen all jene Informationen, welche im Kontenregister erfasst werden (siehe oben). Innere Kontodaten betreffen die Konten selbst, also beispielsweise Kontostand und Kapitalbewegungen.
Hält es die Abgabenbehörde für zweckmäßig und angemessen, kann sie künftig Einsicht in das zentrale Kontenregister nehmen und erhält dabei Informationen zunächst über die äußeren Kontodaten. Als Suchbegriff dürfen nur konkrete Personen oder Konten eingegeben werden. Im Veranlagungsverfahren (Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer) sind Abfragen nur zulässig, wenn die Finanz Bedenken gegen die Richtigkeit der Steuererklärung hat und dem Steuerpflichtigen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Über eine durchgeführte Kontenregistereinsicht ist der Betroffene zu informieren. Ein Rechtsschutzbeauftragter hat die korrekte Vorgangsweise der Abgabenbehörde zu kontrollieren.
Im Abgabenverfahren sollen andere Personen grundsätzlich erst dann befragt oder zur Vorlage von Büchern und Aufzeichnungen herangezogen werden, wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen selbst nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen. Dieser Grundsatz gilt auch für das an die Banken gerichtete Auskunftsersuchen der Abgabenbehörden (Konteneinschau). Die Abgabenbehörde kann daher eine Konteneinschau verlangen, wenn trotz Sachverhaltsermittlung unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen nach wie vor begründete Zweifel an der Richtigkeit von dessen Angaben bestehen und zu erwarten ist, dass die Konteneinschau geeignet ist, die Zweifel aufzuklären. Außerdem muss beispielsweise zu erwarten sein, dass sich die tatsächliche Bemessungsgrundlage wesentlich von der bisher bekannten Bemessungsgrundlage unterscheidet, oder dass die Auskunft wegen der Höhe der Abgabenforderung zweckmäßig ist.
Bevor die Finanz aber tatsächlich die Banken zur Kontenöffnung auffordern kann, muss ein Einzelrichter des Bundesfinanzgerichts das Auskunftsverlangen genehmigen.
Im Rahmen einer gewöhnlichen Veranlagung der Umsatz-, Körperschaft- und Einkommensteuer, im Zuge derer die Abgabenbehörde keine weiteren Ermittlungshandlungen setzt oder Vorhalte benötigt, soll es daher grundsätzlich weder zu einer Abfrage im Kontenregister noch zu einer Konteneinschau kommen.
Kapitalabfluss-Meldegesetz
Aufgrund der Ausweitung der Möglichkeiten der Abgaben-, Strafbehörden und Gerichte bankbezogene Informationen zu erhalten, besteht die Gefahr, dass es zu Kapitalabflüssen kommt. Um zu verhindern, dass vor dem Inkrafttreten der geplanten Maßnahmen Kapital abgezogen wird, müssen Kreditinstitute Kapitalabflüsse über 50.000 € ab dem 1. März 2015 dem BMF melden. Unter die Meldepflicht sollen insbesondere Auszahlungen und Überweisungen von Sicht-, Termin- und Spareinlagen, die Übertragung von Wertpapieren mittels Schenkung im Inland sowie die Verlagerung von Wertpapieren in ausländische Depots fallen. Eine Meldung soll auch dann erfolgen, wenn die 50.000 €-Grenze in mehreren Vorgängen überschritten wird, sofern zwischen den Transaktionen eine Verbindung offenkundig ist. Geschäftskonten sind von der Meldepflicht nicht betroffen.
Kapitalzufluss-Meldegesetz
In letzter Minute wurde bei der parlamentarischen Behandlung ein Abänderungsantrag beschlossen, der es ermöglicht, jene Personen, die noch schnell vor Inkrafttreten der Steuerabkommen ihr Geld aus der Schweiz bzw Liechtenstein nach Österreich überwiesen haben, zur Kasse zu bitten. Banken müssen verpflichtend Kapitalzuflüsse aus der Schweiz und aus Liechtenstein rückwirkend melden. Bis 31.12.2016 sind Kapitalzuflüsse auf Konten/Depots von
- natürlichen Personen (ausgenommen sind Geschäftskonten von Unternehmern) und
- liechtensteinischen Stiftungen sowie stiftungsähnlichen Anstalten
- von mindestens EUR 50.000
- aus der Schweiz für den Zeitraum Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 bzw
- aus Liechtenstein für die Jahre 2012 und 2013
an die österreichische Finanz zu melden.
Anonyme Einmalzahlung
Zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen besteht die Möglichkeit, eine pauschale anonyme Einmalzahlung iHv 38% der Kapitalzuflüsse zu leisten. Die Bank muss dazu schriftlich und unwiderruflich bis spätestens 31. März 2016 beauftragt werden. Die Bank hat die Einmalzahlung in weiterer Folge bis spätestens 30. September 2016 einzubehalten, an die Finanzverwaltung abzuführen und dem Kontoinhaber eine Bescheinigung darüber auszustellen.
Mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem Abgabenkonto des Kreditinstitutes sind alle relevanten Steuern abgegolten. Sollte – trotz Setzung einer Nachfrist – die Einmalzahlung nicht vollständig geleistet werden können, ist das Kreditinstitut zur Durchführung der Meldung verpflichtet. Die Abgeltungswirkung tritt jedoch nicht ein, soweit den österreichischen Behörden im Zeitpunkt der Mitteilung an das Kreditinstitut bereits konkrete Hinweise auf nicht versteuerte Vermögenswerte vorlagen und dies der betroffenen Person bekannt war, oder diesbezüglich bereits abgabenrechtliche Ermittlungen oder Verfolgungshandlungen wegen eines Finanzvergehens gesetzt worden sind.
Selbstanzeige
Um strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, können betroffene Personen – alternativ zur anonymen Einmalzahlung – eine Selbstanzeige erstatten, wobei für Kapitalzuflüsse aus der Schweiz und aus Liechtenstein auch eine wiederholte Selbstanzeige zulässig sein soll (eine wiederholte strafbefreiende Selbstanzeige ist seit 1. Oktober 2014 grundsätzlich nicht mehr zulässig). Bei Erstattung einer Selbstanzeige ist jedoch zwingend die Entrichtung eines Strafzuschlages iHv 5% bis 30% (abhängig von dem sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbetrag) vorgesehen. Eine Selbstanzeige ist immer dann zu empfehlen, wenn die genau ermittelte Steuernachzahlung samt Strafzuschlägen geringer als die anonyme Einmalzahlung iHv 38% ist. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Stand: 16. Juli 2015