Reform des Erbrechts

Das vor kurzem veröffentliche Erbrechts-Änderungsgesetz enthält nicht nur eine umfassende Überarbeitung des geltenden Erbrechts, sondern auch eine Umsetzung der EU-Erbrechtsverordnung. Die Änderungen infolge der Implementierung der EU-Erbrechtsverordnung sind mit 17.8.2015 in Kraft getreten, die sonstige Reform des Erbrechts tritt erst mit 1.1.2017 in Kraft. Es gibt also noch genügend Zeit, sich mit den neuen Bestimmungen anzufreunden. Die für die Praxis wichtigsten Änderungen sind wie folgt:

  • Geltung der EU-Erbrechtsverordnung: Die EU-Erbrechtsverordnung gilt nicht für Großbritannien, Irland und Dänemark. Sie bestimmt bei grenzüberschreitenden Erbschaften, dass nicht mehr die Staatsbürgerschaft, sondern der sogenannte gewöhnliche Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes für die Anwendung des Erbrechts maßgeblich Der gewöhnliche Aufenthalt wird dort angenommen, wo der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen familiären und sozialen Lebensmittelpunkt hatte. Das danach anzuwendende Erbrecht ist dann in allen Staaten anzuwenden, in denen Vermögen des Erblassers vorliegt. Davon abweichend kann der Erblasser in seinem Testament aber festlegen, welches Erbrecht zur Anwendung kommen soll.
  • Wichtige Neuerungen aus dem künftigen Erbrecht: Die erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB stammen Großteils aus dem Jahr 1811 und wurden nicht nur sprachlich, sondern auch an die geänderten Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts angepasst.
    • Erbrecht der Lebensgefährten: Derzeit haben Lebensgefährten keinen Erbanspruch, sofern sie nicht in einem Testament begünstigt wurden. Künftig gilt ein außerordentliches Erbrecht für Lebensgefährten. Gibt es keine gesetzlichen Erben wie Kinder, Ehegatten, eingetragene Partner, Eltern oder Geschwister, hat der Lebensgefährte des Erblassers künftig das alleinige Erbrecht, sofern er mit dem Erblasser als dessen Lebensgefährte zumindest in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
    • Pflegevermächtnis: Einer dem Verstorbenen nahe stehenden Person, die diesen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß gepflegt hat, gebührt dafür eine gesetzliches Vermächtnis, soweit nicht eine Zuwendung gewährt oder ein Entgelt vereinbart wurde. Die Höhe des Vermächtnisses richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen.
    • Minderung des gesetzlichen Pflichtteils: Neu ist künftig auch, dass der Erblasser den Pflichtteil im Testament auf die Hälfte verkürzen kann, wenn er und der Pflichtteilsberechtigte zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Verfügenden nicht mehr in einem Naheverhältnis standen. Derzeit kann der Erblasser die Verkürzung des Pflichtteils nur dann wirksam verfügen, wenn nie ein Naheverhältnis zum Pflichtteilsberechtigten bestanden hat.
    • Fälligkeit des Pflichtteils: Der Pflichtteilsanspruch wird künftig in allen Fällen mit dem Tod des Erblassers erworben. Fällig ist der Pflichtteil aber erst ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen. Bis zur Zahlung des Pflichtteils stehen dem Pflichtteilsberechtigten die gesetzlichen Zinsen von 4 % pa zu.
    • Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten oder eingetragenen Partners: Künftig wird das Erbrecht des Ehegatten oder eingetragenen Partners gestärkt. Geschwister und Großeltern des Verstorbenen werden gegenüber der geltenden Rechtslage verdrängt. In diesem Fall erbt der Ehegatte oder eingetragene Partner zur Gänze.
    • Pflichtteilsanrechnung: Gegenüber der geltenden Rechtslage werden die Anrechnungen auf den Pflichtteil ergänzt. So gilt künftig neben jeder Vermögenswidmung an eine Privatstiftung auch die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, als anrechnungspflichtige Schenkung.

Stand: 7. September 2015